23.06.2015
2015 - Bericht von Sebastian
Dreihundert Tage Uganda —
ein persönliches Zwischenresume nach zehn Monaten.
Es ist lange her, seitdem ich in Wien am Flughafen gesessen bin und mich einerseits auf Uganda und „Kindern Eine Chance“ gefreut habe, andererseits auch nervös war, weil ich nicht wusste was genau mich erwartet. Jetzt, 300 Tage später, sind mir dieser und auch die ersten Tage hier in Uganda sehr gut in Erinnerung und kommen mir nicht allzu weit weg vor. Trotz alledem liegen drei Viertel meiner Zeit bereits hinter mir.
Mit einem Sprung ins kalte Wasser am dritten Tag in Form des Farmcamps mit den unterstützten Jugendlichen in Nakaziba ist das Ankommen bei mir sehr schnell gegangen — Vom warmen Bett in Zigoti, zur Matratze am Boden im wackeligen Verschlag mitten im Grünen. An einer gewissen Abenteuerbereitschaft hat es aber nicht gefehlt. Beim Einleben haben auch die zahlreichen Freiwilligen, Gabi und Stefan, die zu dieser Zeit hier in Uganda waren, geholfen. Viele der weiteren Mitarbeiter hier in Uganda habe ich recht bald kennengelernt, auch wenn es ein wenig gedauert hat bis ich die richtigen Namen dem dazugehörigen Gesicht zuordnen konnte. Mit der Zeit hat sich dieses Problem aber gelegt. Das Englisch der Ugander ist zu Beginn ebenfalls gewöhnungsbedürftig, aber nach und nach wird das Verständnisproblem, das auf Gegenseitigkeit beruht, kleiner. Bis heute bin ich mir allerdings nicht immer sicher, ob sie beispielsweise spielen oder beten (Anm. “I’m playing/praying” klingt genau gleich).
Der geregelte Arbeitsalltag hat sich bei mir mit dem Beginn des dritten und letzten Trimesters 2014 eingestellt. Neben gemeinsamen Reparatur- und Bauarbeiten mit James, dem Müller und „Man For Everything“, der Farmarbeit mit den Jugendlichen, den Farmarbeitern und Judah, dem Farmmanager, war auch die Mathematik in Form eines wöchentlichen Mathe-Tests in der Senior Secondary School hier in Zigoti Teil davon. Interessant war, dass sich in allen Bereichen ähnliche Probleme gezeigt haben. Nämlich das längerfristige Denken und das logische Ziehen von Schlüssen. Sei es der Umgang mit Geräten, den ich in Form von Reparatur-Anfragen zu Gesicht bekomme, das Planen von Arbeiten am Feld oder das Abschätzen und Verständnis von einfacher Mathematik. Die Zusammenhänge sind natürlich kein Zufall.
Der Fokus meiner Arbeit ist in den letzten 10 Monaten im Großen und Ganzen der gleiche geblieben, auch wenn der Vereinsalltag nicht mit Planänderungen und dergleichen spart. Spezielle Projekte wie das Fotobuch über den Bau des Werkstattgebäudes und ein Kurzes Video über die Christoph Bettermann Schule bereichern die Arbeit und machen sei abwechslungsreich und spannend.
Privat in Uganda.
Die Lebensumstände und der daraus resultierende Alltag können für einen selbst herausfordernd sein. Obwohl ich mich persönlich mit den meisten Mitarbeitern sehr gut verstehe, bleibt es oft bei Gesprächen über die Arbeit oder flachen Unterhaltungen. Zum Beispiel wie es denn mit der Kinderplanung aussieht, was das führende Gesprächsthema in Uganda zu seie scheint. Die Erfahrungswelten sind dann doch zu unterschiedlich, als dass ein tiefgründigerer Austausch möglich wäre. Daraus resultierend, sucht man den Kontakt zu den anderen Freiwilligen um sich hin und wieder vom ugandischen Alltag abzuschotten.
Die Tatsache, dass man neben der neuen Arbeit auch ein komplett neues Lebensumfeld, eine neue Kultur und viele neue Gesichter für ein Jahr und länger um sich hat, und das eben nicht nur während der Arbeitszeit, ist der wesentliche Unterschied zum ordentlichen Zivildienst in Österreich, gleichzeitig auch die Besonderheit am Auslandszivildienst.
Was bleiben wird.
In Erinnerung bleibt sicherlich die erste Nacht in Zigoti, bei der ich auch nach einer 12-stündigen Reise wegen der Aufregung, aber auch wegen der Geräuschkulisse hier auf der Farm nicht sofort schlafen konnte. Generell die Anfangszeit, in der alles noch neu und aufregend ist. Nicht, dass alles nach einer Zeit gegenteilig ist, aber man gewöhnt sich doch an vieles. Daraus entwickelt sich aber auch der geregelte Alltag und nach und nach kommt man wirklich im Land an und beginnt hier zu leben.
Das Ausräumen des ersten Containers aus Österreich hier in Uganda war ebenfalls ein Highlight der ersten Wochen. Hier war es vor allem die Euphorie und Freude der Mitarbeiter, für die die ominöse große Box mit den diversen Geräten fast etwas mystisches hatte. In Erinnerung wird auch das Essen in Kampala mit ADA-Vertretern und weiteren in Uganda lebenden Österreichern bleiben, da das Treffen doch etwas besonderes war und ich einerseits den Auslandsdienst, aber auch Kindern Eine Chance vertreten durfte. Ebenfalls die ersten Weihnachten nicht in Österreich und einer interessanten ugandisch-adaptierten Weihnachtsfeier, inklusive einer geschmückten Bananenstaude, mit zwei Freiwilligen hier. Auch das Österreicherfest Ende Jänner, zu dem „ugandische Österreicher“ zu einem Schnitzelessen und gemütlichen Beisammensein zu uns nach Zigoti auf die Farm gekommen sind, wird in Erinnerung bleiben. Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob die Gesellschaft, oder doch das Essen ausschlaggebend war. Eindrucksvoll war auch die etwas spontane Ausreise nach Tansania wegen meines Visums und das Besteigen des Mount Elgon gemeinsam mit den Freiwilligen hier.
Es sind vor allem die außertourlichen Ereignisse die in Erinnerung bleiben, die nicht immer was mit der Arbeit selbst zu tun haben. Vielleicht deshalb, weil sich doch ein sich wiederholender Arbeitsalltag einstellt. In Erinnerung bleiben wird die Arbeit hier trotzdem, sowohl die positiven, als auch die negativen Seiten. Beispielsweise sind es diverse Rückschläge bei der Arbeit, um die man nicht herumkommt. Einzelne Projekte, die eine Zeit lang gut funktioniert haben, dann aber, sobald die Kontrolle für kurze Zeit entfällt, schnell wieder gescheitert sind.
Dem entgegen stehen wiederum Projekte wie das dritte Farmcamp in Nakaziba, bei dem sich die Arbeit der letzten 10 Monate gezeigt hat und alles beinahe reibungslos funktioniert hat und sich auch die Entwicklung der einzelnen Mitarbeiter während der Zeit gezeigt hat. Solche Momente sind es, die die Arbeit dann doch bestätigen.
Alles in allem kann ich auf 10 Monate zurückblicken, aus denen ich viele Erfahrungen, viele neue Bekanntschaften und zahlreiche bleibende Eindrücke mitnehmen werde.
Zu hoffen bleibt, dass ich zumindest genauso viel zurückgeben konnte und in den nächsten 100 Tagen zurückgeben kann.