28.06.2015
2015 - Bericht von Barbara
Wie die Zeit vergeht...
Ende April ist der erste Term dieses Schuljahres zu Ende gegangen, ich war drei Wochen mit meiner Freundin Leni reisen und vor zwei Wochen hat der zweite Term begonnen.
Pädagogin, Krankenschwester, Animateurin, Pflegerin, Sekretärin...
... all das versuche ich momentan in einer Person zu vereinen.
Pädagogin:
Ich arbeite vormittags in den verschiedenen Klassen mit, gebe Anregungen, unterstütze die Kinder, die Hilfe benötigen und springe auch mal unterrichtend ein, wenn ein Lehrer mich darum bittet bzw. gerade nicht da sein kann.
Hier in Uganda ist die Sonderschulausbildung noch kaum vorhanden und somit sind bis auf den einzigen Lehrer,Silas, der eine spezielle Ausbildung hat, alle anderen Lehrerinnen Grundschulpädagoginnen. Zwei der Lehrerinnen (Class A und Class B) sind schon seit Beginn dabei und haben sich dementsprechend schon vieles spezielles angeeignet, was im Unterrichten von Kindern mit Beeinträchtigung von Nöten ist. Dadurch zeichnet sich ihr Unterricht auch durch Vielfältigkeit und Ideenreichtum aus, was immer sehr schön zu beobachten ist. Wenn ich bei diesen beiden Lehrerinnen in der Klasse bin, ist meine Hauptaufgabe die Kinder zu unterstützen und nur ab und zu den Lehrern kleine Anregungen zu geben, wie einzelne Aufgaben noch besser bearbeitet werden können. Vieles besteht auch aus einem Nehmen und Geben – ich schaue mir Dinge von den Lehrern ab und sie tun es bei mir.
Einer der wichtigsten Punkte, den ich auch bei diesen beiden Lehrerinnen immer wieder anspreche, ist, dass die Kinder so viel wie möglich selbst machen sollen. Wenn sie Hilfe benötigen, heißt das dann nicht, dass man ihnen die Arbeit abnimmt, sondern sie zusammen mit den Kindern ausführt, ihnen sprachliche Anweisungen gibt, es ihnen zuerst zeigt oder ihre Hände führt.
Ein Beispiel ist ein Mädchen aus Class A: Sie ist 9 Jahre alt und sitzt im Rollstuhl. Durch ihre Spastik, die alle vier Extremitäten betrifft kann sie so gut wie nichts alleine machen und braucht bei allem Unterstützung. Nicht umsonst ist sie aber in Class A (die Klasse, in der die Kinder auf die nornale Grundschule vorbereitet werden), weil sie nämlich ein sehr cleveres Mädchen ist und dem Unterricht auch ohne Probleme folgen kann. Geht es darum Aufgaben zu bewerkstelligen, die mit Schreiben oder Zeichnen zu tun haben, ist sie darauf angewiesen, dass ihr geholfen, aber ihr eben nicht die Aufgabe abgenommen wird. Deshalb geht es darum, ihre Hand in die eigene zu nehmen, sie ruhig zu halten und ihr sonst die Möglichkeit zu lassen die Schreibbewegungen selbst auszuführen. Wenn man diese Geduld aufbringt, merkt man, dass sie genau weiß, wie die einzelnen Buchstaben und Zahlen zu schreiben sind. Das find ich persönlich immer total bewundernswert!
Die Lehrerinnen der beiden unteren Klassen dagegen sind noch sehr jung und noch nicht so lang dabei. Dadurch besteht hier meine Aufgabe, zusätzlich zu den schon erwähnten Dingen, auch die Lehrer noch mehr zu unterstützen, ihnen Ideen aufzuzeigen, wie der Unterricht anders und kreativer gestaltet werden kann und sie zu ermuntern, Neues auszuprobieren. Die unterste Klasse – Class E – verlangt in dem Sinne ganz andere Sachen von der Lehrerin, da in ihr die Kinder sind, die kognitiv auf einem sehr niedrigen Niveau sind und kaum sprechen. Zu Beginn des zweiten Terms habe ich deshalb ganz eng mit dieser Lehrerin zusammen gearbeitet, habe ihr gezeigt, wie man mit Gebärden den Kindern die Chance geben kann, sich außerhalb des Sprechens auszudrücken, ihr die Wichtigkeit von Bildkarten erläutert und sie ermuntert neue Aufgaben zu stellen, die nicht immer nur mit Ausmalen zu tun haben. Wichtig ist mir dabei nur, dass ich ihr nicht die komplette Arbeit „abnehme“, sondern sie ermuntere, ihre eigenen Ideen zu verwirklichen. Das fällt ihr noch etwas schwer, aber ich bin guten Mutes, dass das besser wird.
Nachmittags werde ich auch in diesem Term wieder die Sprachförderung weiterführen. Da ich ja keine Lodopädain bin, merke ich, dass ich in mancher Hinsicht an meine Grenzen stoße und wahrscheinlich nicht so viel bewirken kann, wie wenn ich das Therapeutische gelernt hätte. Diesen Anspruch habe ich nun auch nicht mehr, sondern möchte einfach nur den Kindern, die Sprachschwierigkeiten haben, die Chance geben, dass sich jemand Zeit für sie nimmt. Also geht es in dieser halben Stunde vor allem darum, dass sie Spaß haben, sich die Spiele und Bücher raussuchen, die sie gerne mögen und von mir aus auch fast die ganze Zeit Seifenblasen durch die Gegend pusten. Wenn sie dadurch spielerisch ihre Mundmotorik verbessern, die richtige Aussprache hören und sie Worte nachsprechen können, ist das schon mal ein kleiner Erfolg. Immerhin scheinen sie sehr gerne zu kommen. Wenn ich nachmittags zu den einzelnen Kinder komme und frage, ob sie mit mir mitkommen wollen, springen sie freudig auf, nehmen meine Hand und zeigen schon bestimmte Gebärden, die ich ihnen gezeigt habe und die zur Verdeutlichung der Buchstabenlaute dienen. Das freut mich jedes mal total und bin dadurch erst recht motiviert mit ihnen weiter zu arbeiten!
Krankenschwester:
Das ist nur ein sehr kleiner Teil, aber natürlich kommt es immer wieder vor, dass die Kinder sich verletzen. Bei richtigen Krankheiten oder großen Wunden gibt es eine wirkliche Krankenschwester, die dann vorbeikommt und sich um die Kinder oder Mitarbeiter kümmert.
Bei kleinen Wunden heißt es aber selbst die Initiative ergreifen. Pflaster kleben, Wunde säubern, Salbe draufmachen und/oder einfach trösten. Von Schnittwunden bis Platzwunden oder aufgekratzten Stichen gibt es alles und es ist nicht immer schön mit anzusehen. Das Problem ist auch, dass es sehr schwer ist, diese Wunden sauber zu halten und das verlangt dann eine noch sorgfältigere Behandlung, was aber nicht immer gewährleistet werden kann. Da greift man dann schnell mal zum eigenen Vorrat, nur um sicher zu gehen, dass die Kinder auch gut versorgt sind.
Animateurin:
„Leeeet me see the funky chicken” – “Shake, shake the mangotree” – “Heut ist so ein schöner Tag“
Das ist nur eine Auswahl der Bewegungsspiele und Tänze, zu denen ich die Kinder auffordere. Obwohl eine Aufforderung eigentlich gar nicht von Nöten ist. Zu jeder passenden und unpassenden Zeit kommen die Kinder zu mir und machen die Bewegungen bzw. sagen die Sprüche der einzelnen Spiele und sind jedes mal Feuer und Flamme, wenn sie dann wirklich gespielt werden. Zum einen machen wir das in den Sportstunden, wo ich dann die Kinder zu den verschiedenen Spielen, Bewegungen, Stretching-Übungen animiere. Zum anderen bieten Stella (eine weitere Freiwillige, die in der Physiotherapie arbeitet) und ich jeden Dienstag- und Donnerstagnachmittag in der letzten Stunde auch noch eine zusätzliche Sporteinheit an. Das macht uns jedes Mal total viel Spaß und sowohl die Kinder, wie auch die Lehrer und Matrons sind mit voller Begeisterung dabei. Da sieht man wieder, dass Bewegung einfach gut tut :-)
Des Weiteren sind die Gitarre und die altbewerten Lieder immer noch der Hit. Am Wochenende werde ich schon mit „Babula, me, guitare“ oder einfach nur „guitare“ begrüßt und dann kann man die Kinder auch schonmal zwei bis drei Stunden damit beschäftigen. Am coolsten finden sie es, wenn man zusätzlich noch irgendwelche Grimassen zieht, mal laut und leise singt oder sie sogar selbst mal spielen dürfen.
Einen Jungen beobachte ich immer total gerne. Eigentlich ist er ein ziemlicher Einzelgänger, interagiert überhaupt nicht mit anderen Kindern und reagiert auch kaum auf etwas – er lebt einfach sehr in seiner eigenen Welt. Sobald er aber Musik hört, blüht er total auf, lacht, strampelt mit den Füßen und will immer mitten im Geschehen sitzen. Wenn er die Gitarre sieht, kommt er sofort angerobbt und versucht die ganze Zeit in Berührung mit ihr zu sein, wenn ich darauf spiele. Ich finde das total faszinierend und es freut mich unglaublich, ihn da so glücklich zu sehen!
Aufgrund dessen, dass die Kinder immer so begeistert beim Singen dabei sind, haben wir eingeführt, dass einer der Lehrer und ich jeden Freitag vor der Mittagspause eine halbe Stunde mit den Kindern singen. Schön ist das :-)
Pflegerin:
„Babula, susu“. Wie in jedem Bereich, wo mit Kindern mit Behinderung gearbeitet wird, gehört es auch hier in Uganda dazu, die Kinder aufs Klo zu begleiten. Manchmal kommt man mit dem einen Kind zurück und schon will das nächste auf die Toilette gebracht werden – damit kann man schon mal fast eine Stunde verbringen ;-) Bei den einen geht es nur darum ihnen beim Aus- und Anziehen zu helfen und andere brauchen wiederum komplette Betreuung.
Einige der Kinder benötigen, aufgrund ihrer Behinderung, auch Unterstützung beim Essen. Normalerweise ist jedem Kind eine Matron zugeteilt, die sich zu den Mahlzeiten um dieses Kind kümmert, aber es kommt immer mal vor, dass eine von uns einspringen muss.
Sekräterin:
Viele Kinder, viele Mitarbeiter und ganz viel zu dokumentieren. Meist muss diese Dokumentation dann noch einmal digitalisiert werden, was an sich nur eine „stumpfe“ Tipp-Arbeit ist, aber natürlich viel Zeit in Anspruch nimmt. Nuliet, die Direktorin der Schule, hat meist so viele Dinge gleichzeitig zu tun, dass sie mich ab und zu darum bittet, ihr bei diesen Tipp-Arbeiten zu helfen. Wenn dann mal wieder der Strom in der Schule ausgefallen sind, sitzen wir vor dem Volunteershaus auf der Terasse, jeder einen Laptop vor sich und in so einem Outdoor-Office lässt sich doch recht gut arbeiten.